Pflegegrade 1–5 im Überblick
Die Pflegegrade messen nicht Diagnosen, sondern Alltagsfähigkeit. Bewertet werden sechs Bereiche: Mobilität, Kognition/Kommunikation, Verhaltensweisen/psychische Problemlagen, Selbstversorgung, krankheits- und therapiebedingte Anforderungen sowie Alltagsleben/soziale Kontakte. Aus der gewichteten Summe ergibt sich die Einstufung in einen Pflegegrad.
Wie wird bewertet?
Die Begutachtung betrachtet Regelmäßigkeit, Umfang und Risiken von Hilfebedarfen in sechs Modulen. Nicht entscheidend ist, ob eine Aufgabe „irgendwie“ gelingt, sondern ob sie sicher, selbstständig und ohne übermäßige Anstrengung bewältigt wird. Typische Fragen sind: Braucht es Anleitung, körperliche Hilfe, Übernahme oder Aufsicht? Tritt der Bedarf täglich, mehrmals wöchentlich oder nur gelegentlich auf?
Modul | Beispiele | Gewichtung |
---|---|---|
Mobilität | Positionswechsel, Treppe, Umsetzen | niedrig |
Kognition/Kommunikation | Orientierung, Verstehen, Erinnern | mittel |
Verhalten/psychische Problemlagen | Nachtunruhe, Weglauftendenz, Ängste | mittel |
Selbstversorgung | Körperpflege, Ankleiden, Essen/Trinken | hoch |
Krankheits-/Therapieanforderungen | Medikamente, Wunden, Injektionen | mittel |
Alltagsleben/soziale Kontakte | Tagesstruktur, Teilhabe | niedrig–mittel |
Die konkrete Gewichtung ist festgelegt; stark wirkt meist die Selbstversorgung. Für den Alltag zählt jedoch das Gesamtbild.
Schnellüberblick: Was bedeuten die Pflegegrade?
Pflegegrad | Kurz erklärt | Woran Sie es merken | Typische Unterstützung |
---|---|---|---|
PG 1 | Geringe Beeinträchtigung | Leichte Hilfe, Anleitung | Entlastungsbetrag, Beratung |
PG 2 | Erhebliche Beeinträchtigung | Regelmäßige Hilfen | Pflegegeld/Pflegesachleistung, Kombi möglich |
PG 3 | Schwere Beeinträchtigung | Umfangreiche Hilfen, Aufsicht | Erweiterte Pflegediensteinsätze, Entlastungen |
PG 4 | Schwerste Beeinträchtigung | Intensive Hilfe, häufige Übernahme | Umfangreiche Sachleistungen, Entlastungen, teilstationär |
PG 5 | Schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen | Hochkomplexe Versorgung | Rundumversorgung, ggf. stationäre Lösungen |
Pflegegrad 1 – geringe Beeinträchtigung
PG 1 erkennt einen leichten, aber regelmäßigen Unterstützungsbedarf. Oft geht es um Anleitung, Erinnerung und leichte körperliche Hilfen. Ziel ist es, Selbstständigkeit zu erhalten und Folgerisiken (z. B. Sturz) zu mindern.
Woran Sie es im Alltag merken
- Unsicheres Gehen in der Wohnung, Treppe nur mit Geländer
- Vergisst Termine/Medikamente ohne Erinnerungen
- Körperpflege gelingt, braucht aber Anleitung und Vorbereitung
Typische Unterstützung
- Entlastungsbetrag für Alltagshilfen und Begleitung
- Beratung, Wohnraumanpassung in kleinem Umfang
- Hilfsmittel prüfen: Haltegriffe, Duschhocker, Organizer
Praxisbeispiel
Frau K. lebt allein. Ohne Erinnerung vergisst sie die Mittagsmedikation, duscht aber selbstständig, wenn jemand die Utensilien vorbereitet. Treppen steigen gelingt langsam mit Geländer. Ergebnis: regelmäßige Alltagsbegleitung über den Entlastungsbetrag, kleine Wohnraumanpassungen.
Pflegegrad 2 – erhebliche Beeinträchtigung
Bei PG 2 sind regelmäßige Hilfen erforderlich, oft täglich. Körperpflege, Ankleiden oder Essenszubereitung brauchen Unterstützung; Medikamente funktionieren nur mit fester Struktur.
Woran Sie es im Alltag merken
- Duschen/Ankleiden nur mit Hilfe oder Anleitung
- Regelmäßige Erinnerung an Medikamente, Termine
- Haushalt nur noch teilweise selbstständig
Typische Unterstützung
- Pflegegeld für Angehörigenpflege oder Pflegesachleistungen (Pflegedienst)
- Kombinationsleistung beides abgestimmt nutzen
- Entlastungsbetrag, teils Tagespflege stundenweise
Praxisbeispiel
Herr B. wird morgens beim Waschen und Anziehen unterstützt, die Einkaufsliste schreibt der Pflegedienst mit ihm zusammen. Medikamente werden im Dosett vorbereitet. Lösung: Kombinationsleistung plus Entlastungsbetrag für Begleitung.
Pflegegrad 3 – schwere Beeinträchtigung
In PG 3 braucht es umfangreiche Hilfen in mehreren Bereichen. Neben körperlicher Hilfe spielen Aufsicht und Struktur eine größere Rolle, insbesondere bei Demenz oder nächtlichen Problemen.
Woran Sie es im Alltag merken
- Körperpflege nur mit tatkräftiger Hilfe möglich
- Transfers/Umsetzen unsicher, Sturzrisiko
- Verhaltensauffälligkeiten oder Nachtunruhe
Typische Unterstützung
- Erweiterte Pflegesachleistungen plus Pflegegeld (Kombination)
- Teilstationäre Tages- und Nachtpflege
- Verhinderungs- und Kurzzeitpflege zur Entlastung
Praxisbeispiel
Frau S. steht nachts häufig auf, tagsüber gelingt die Körperpflege nur mit Übernahme. Der Pflegedienst übernimmt morgens/abends, zusätzlich besucht sie dreimal pro Woche die Tagespflege. Dokumentation der Nachtprobleme war für die Einstufung entscheidend.
Pflegegrad 4 – schwerste Beeinträchtigung
Hier sind intensive Hilfen in mehreren Modulen notwendig. Viele Verrichtungen müssen regelmäßig übernommen werden. Koordination mit Therapien und Hilfsmitteln ist zentral.
Woran Sie es im Alltag merken
- Regelmäßige Übernahme bei Körperpflege/Ankleiden
- Transfers nur mit Hilfsmittel und zweiter Person
- Komplexe Therapieabläufe (Wunden, Injektionen)
Typische Unterstützung
- Umfangreiche Pflegesachleistungen, ggf. mehrfache Einsätze täglich
- Teilstationäre Angebote zur Entlastung
- Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen und technische Hilfsmittel
Praxisbeispiel
Herr T. ist nach Schlaganfall auf Transferhilfen angewiesen, Wundmanagement erfordert tägliche Behandlungspflege. Der Einsatzplan kombiniert Pflegedienst, Tagespflege und Angehörigenpflege; die Wohnung wurde mit Haltegriffen, Duschsitz und Bettenlifter angepasst.
Pflegegrad 5 – schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen
PG 5 bedeutet hochkomplexe Versorgung, häufig mit rund-um-die-Uhr-Bedarf oder besonderen Anforderungen an die Pflege. Sicherheit, Hygiene und Koordination bestimmen den Alltag.
Woran Sie es im Alltag merken
- Umfassende Übernahme nahezu aller Verrichtungen
- Hoher Überwachungsbedarf, z. B. Beatmung, Tracheostoma
- Mehrere professionell Pflegende eingebunden
Typische Unterstützung
- Sehr umfangreiche Sachleistungen, ggf. 24-Stunden-Versorgung
- Stationäre Pflege als Option oder dauerhaft
- Enge Abstimmung mit Ärzten, Therapien, Hilfsmittellieferanten
Praxisbeispiel
Bei Frau L. bestehen Beatmungspflicht und ein hoher Überwachungsbedarf. Die Versorgung erfolgt durch ein spezialisiertes Team, Angehörige werden angeleitet und entlastet. Stationäre Optionen wurden geprüft, derzeit ist die häusliche Umgebung mit technischen Hilfsmitteln stabil.